Eiskalter Ostwind, fast 1000 Traktoren und Lkw und viele protestierende Landwirtinnen und Landwirte: Am Paderborner Fußballstation war heute Morgen echt was los. Ich wurde als Rednerin eingeladen und nutzte die Gelegenheit, einige Positionen zu verdeutlichen. Der Fairness halber möchte ich betonen, dass es keinerlei rechtsradikale Symbole zu sehen waren und dass sich der WLV in aller Deutlichkeit von radikalen Äußerungen und Handlungen distanziert hat. Hier ist meine Rede:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bäuerinnen und Bauern, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Demonstration,
ich habe Ihren Reden heute und in den letzten Wochen sehr genau zugehört, und ich habe auch die Berichterstattung in den Medien verfolgt.
Die Kritik an den Kürzungsplänen, insbesondere bezüglich der Kfz-Steuerbefreiung und des Agrardiesels, kann ich gut nachvollziehen. Es ist nicht gerecht, dass ein Prozent der Bevölkerung sechs Prozent der Einsparungen tragen sollte. Dieser Ansatz ging zu weit und wird auch nun so nicht umgesetzt. Diese Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Landwirte ist so weder von Cem Özdemir noch von anderen Grünen Agrarpolitikern gewollt.
Cem Özdemir hat sich besonders stark für die Änderung dieser Pläne eingesetzt, und ich freue mich, dass die grünen Nummernschilder erhalten bleiben und die Abschaffung der Agrardiesel-Steuererstattung mit einer zweijährigen Übergangszeit umgesetzt wird. Allerdings müssen wir uns bewusst sein, dass an anderer Stelle gespart werden muss, einschließlich im Naturschutz und im Wald.
Ich möchte meine Wertschätzung für Ihre Anwesenheit heute und in den letzten Wochen ausdrücken. Das Zuhören und der offene Dialog sind fundamentale Elemente einer funktionierenden Demokratie, und ich habe Ihre Anliegen aufmerksam verfolgt.
Wir müssen in diesem Land für Steuergerechtigkeit sorgen, und dies könnte auch die Haushaltskonsolidierung ermöglichen. Eine ausgewogene und gleichmäßige Kürzung bei umweltschädlichen Subventionen und Steuererleichterungen über alle Bereiche hinweg, sowie die Einführung einer Vermögenssteuer, einer gerechten Erbschaftssteuer oder einer Sonderabgabe für den Umbau hin zu einer klimastabilen, klimagerechten Zukunft sind dringend notwendig. Unsere Kinder und Enkelkinder werden von diesen Maßnahmen profitieren.
Es ist offensichtlich, dass der Bund angesichts der aktuellen Haushaltslage sparen muss, aufgrund der CDU-Klage und des Urteils des Verfassungsgerichts, die ein erhebliches Loch im Haushalt verursacht haben. Daher ist es notwendig, dass alle Sektoren ihren Beitrag leisten.
Ich persönlich bin der Ansicht, dass es bessere Wege gibt, als pauschale Einsparungen vorzunehmen. Die aktuelle Form der Schuldenbremse ist nicht mehr angemessen und verhindert dringend benötigte Investitionen in die Zukunft unseres Landes und der Landwirtschaft. Eine Reform der Schuldenbremse ist notwendig, um solche Einsparungen in der Landwirtschaft zu vermeiden, doch dies scheitert an der CDU.
Viele von ihnen sind von den starken Regenfällen oder vom Hochwasser betroffen, ihre Felder gleichen eher Seen. Bei den einen säuft der Winterweizen ab, die anderen versuchen seit Wochen ihre Kartoffeln zu ernten. Den Verlust tragen sie selbst. Hier brauchen wir Hilfsprogramme für die Landwirtschaft und Unterstützung.
Die CDU Politiker stellen sich hinter ihre Proteste, aber ich frage mich auch, wo die CDU-Politiker waren, als unter Angela Merkel 140.000 Höfe von 400.000 geschlossen wurden, oder als es darum ging, die Spielregeln am Markt für Bauern zu verbessern. Auch in Bezug auf das Mercosur-Abkommen höre ich von ihnen wenig, obwohl dies die Landwirtschaft stärker beeinflussen könnte als die Frage nach dem Agrardiesel.
Wir sollten um die besten Konzepte und Ideen streiten, aber auf dem Boden unserer Verfassung und in einem respektvollen Rahmen. Protest ist ein legitimes Mittel und wichtig für unsere Demokratie, aber er sollte stets gewaltfrei und respektvoll sein.
Es gehört zu meinem Job, Ihnen zuzuhören und es auch auszuhalten, wenn Sie deutlich werden. Es gehört aber nicht zu meinem Job, beleidigt zu werden oder sich Symboliken gegenüberzusehen, die Gewalt und Hass fördern. Wir müssen den demokratischen Dialog aufrechterhalten und schützen.
Ich weiß nicht, wie der oder die Einzelne die Berichte über die Bauernproteste am Schiffsanleger aufgenommen hat, als Wirtschaftsminister Robert Habeck von einer wütenden Menge bedroht wurde. Ich sage Ihnen: Die Beteiligten sollten sich schämen, jawohl! Das ist kein Umgang miteinander, das ist widerwärtig.
Blockaden und feindseliges Verhalten, wie es bei der Fährblockade geschehen ist, sind inakzeptabel und schaden unserem Land und vor allem der Demokratie!
Man sollte die Art und Weise der Mittel die eingesetzt werden um für seine Themen zu streiten immer kritisch hinterfragen und überprüfen wie sie auf andere unbeteiligte Menschen wirken. Auf der Fähre waren Kinder, mehr brauche ich nicht zu sagen.
Sie stehen hier mit zig Treckern, großen Maschinen, es fehlen eigentlich nur noch Mähdrescher. Und das schlimme ist, sie machen sich gemein mit den Idioten, die diese Proteste für ihre eigenen Ziele nutzen. Mir wird schlecht wenn ich mir vorstelle, was am Maspernplatz für Worte fallen werden. Denen geht es nicht um die berechtigten Interessen der Landwirtschaft. Wer Gewalt statt Gesprächsangebote bevorzugt, dem geht es nicht um Inhalte. Diese Radikalisierung ist inakzeptabel und der Mehrheit der Landwirtinnen und Landwirten gegenüber unwürdig. Der dritte Weg postet es rauf und runter, wirbt für ihre Demonstrationen, andere rechtsradikale Netzwerke ebenfalls. Es ist genau die Art von Protest, die eine Einigung zu den Abschwächungen der Kürzungen fast unmöglich gemacht hätten. Suchen sie die Diskussion, den Austausch, den Dialog.
Ich begrüße es sehr, dass die Veranstalter sich explizit gegen rechte Instrumentalisierungen verwahrt haben und zu friedlichem, demokratischem Protest aufrufen. Wenn Sie der Meinung sind, dass Politiker keine Ahnung von Landwirtschaft haben, ermutige ich Sie, sich in den politischen Prozess einzubringen und Ihre Anliegen zu vertreten. Wir brauchen keine Umsturzfantasien oder rechte Populisten, sondern respektvolle Gespräche, Diskussionen und vor allem Demokratie. Die Wertschätzung füreinander und für die Landwirtschaft ist von entscheidender Bedeutung.
Ich möchte, dass die Landwirtschaft in unserer Region und in unserem Land eine Zukunft hat. Dafür müssen wir junge Menschen ermutigen, den Beruf des Landwirts zu ergreifen, und sie bei ihrem Weg unterstützen. Die Umsetzung der Beschlüsse der Borchert-Kommission ist entscheidend für die Zukunft der Landwirtschaft.
Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass wir hier Fortschritte erzielen und die Landwirtschaft erfolgreich gestalten können. Vielleicht können wir dies auch mit einer Tierwohlabgabe verbinden, um den notwendigen Umbau der Landwirtschaft zu finanzieren.
Ich bin davon überzeugt, dass wir im Dialog und mit gegenseitiger Wertschätzung die besten Lösungen finden können. Wir sollten uns nicht in Schützengräben zurückziehen und Vorwürfe machen, sondern konstruktiv zusammenarbeiten.
Liebe Bäuerinnen und Bauern, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Demonstration, ich schätze Ihre Beiträge zur Landwirtschaft und zu unserem Land sehr. Lassen Sie uns die Wertschätzung für die Landwirtschaft bewahren und gemeinsam an einer positiven Zukunft arbeiten. Und lasst uns unsere Demokratie schützen und bewahren, denn sie ist das Fundament unserer Gesellschaft.
Herzlichen Dank.
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