„Wenn es brummt, läuft alles gut“, sagt Fabian Karthaus und zeigt auf die summenden Wechselrichter, über die sein Photovoltaik-Strom ins Netz eingespeist wird. Ich stehe gemeinsam mit dem Landwirt aus Büren-Steinhausen und seinem (und meinem) Kollegen Norwich Rüße buchstäblich im Schatten zahlloser PV-Platten, die mittels einer Stahlkonstruktion Heidelbeer- und Himbeerpflanzen überspannen. 4200 Quadratmeter Fläche werden hier doppelt genutzt:
Unten gedeiht das Obst, über unseren Köpfen wird aus Sonne Strom erzeugt. „Hier wird keine Erzeugungsfläche aus der Landwirtschaft genommen“, erklärt Fabian Karthaus. Das funktioniert nicht von allein: Ein ausgetüftelter Mix aus Sonne, Schatten, Bewässerung und Pflanzenpflege macht dies möglich.
Die Sache mit der Sonne
Pflanzen brauchen Licht zum Wachsen. Darum verwendet Karthaus ganz besondere Photovoltaikplatten: Die schwarzen Silizium-Quadrate liegen mit Abständen auf einer Glasplatte. Diese Glasplatten wiederum haben einige Zentimeter Abstand zueinander, so dass mit dem Sonnenstand Lichtbänder über die Pflanzen wandern.
Der Heidelbeere genügt das: Sie reift etwas später heran als ihre Artgenossen, die Karthaus zum Vergleich neben seiner PV-Anlage zieht. Hier wächst so einiges „Erdbeeren funktionieren nicht“, weiß der Landwirt bereits aus Erfahrung. Sehr wohl aber Spargel, der zwar auf dem lehmigen Boden in Steinhausen nicht gut gedeiht, jedoch als Wurzel für sein Wachstum ohnehin kein Licht benötigt. Gleichzeitig sorgen die PV-Platten für ein angenehmes Mikroklima. Norwich hält insbesondere diese Art der Nutzung für sehr spannend: „Wir schmeißen Tonnen von Plastikfolien weg“, meint er mit Blick auf die schwarzen langen Bahnen, über die der Boden im Frühjahr erwärmt wird.
Wasser aus der Zisterne
Jetzt, da die trockenen Sommer immer mehr Thema sind, kommt der Bewässerung eine besondere Bedeutung zu. 50 000 Liter Wasser kann Karthaus speichern, um über Berieselungsschläuche die Sträucher zu versorgen. Zur Not kann er auch Stadtwasser einspeisen. Gleichzeitig werden die Pflanzen vor Wolkenbrüchen, Hagel und Spätfrost geschützt.
Probleme bei der Genehmigung
Fabian Karthaus musste dicke Bretter bohren, bevor er eine Genehmigung der Behörden bekam. Ausführlich berichtet er uns von den Problemen, die ihm die verschiedenen Instanzen bereiteten. Er hält seinen innovativen Ansatz neben die problemlose Genehmigung eines Güllebehälters. „Diese sind hoch, hässlich und aus Beton. Für diese PV-Anlage habe ich kein Gramm Beton benötigt“. Dennoch musste er viel Überzeugungsarbeit leisten, durfte die Anlage nur in der Nähe seines Hofes errichten und trotz seines Doppelnutzungskonzepts zum Ausgleich Flächen stilllegen – was ich für Quatsch halte.
Die Idee kam durch die Trockenheit
Wie er auf die Idee gekommen ist, wollen Norwich und ich wissen. Seine Antwort: Als Agrar-Elektriker im Hauptberuf übernahm er vor wenigen Jahren den Hof von seinem Vater. Die trockenen Sommer 2019 und 2020 verringerten seine Ernteerträge derart, dass er sich etwas neues überlegen musste, um den Betrieb halten zu können. Darum kam ihm die Idee mit der doppelten Nutzung, erzählt uns Karthaus.
Gefällt mir sehr gut
„Das gefällt mit sehr gut“, sagt Norwich zum Abschluss und spricht mir damit aus der Seele. Ich weiß, dass Boden eine endliche Ressource ist und jede Nutzung gut überlegt werden sollte. PV-Anlagen sind wichtig für die Energiewende und machen uns unabhängig vom Gas. Aber die benötigen viel Platz. Wenn diese Flächen darunter dann doch landwirtschaftlich genutzt werden können, ist allen Beteiligten geholfen: Den Erzeugern erneuerbarer Energie und der Landwirtschaft. Das Genehmigungsverfahren muss dafür aber noch viel einfacher werden.
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